Viel Bewegung in der Stara – Nun geht es vorwärts (April 2017)
Nach Monaten der Ruhe ist nun plötzlich viel Bewegung in die Situation von Stara gekommen. In diesen Tagen rücken die Baumaschinen an und beginnen mit dem Neubau. Uns sind nicht alle Details des Bauprojektes bekannt, klar aber ist: Die Schule von Stara ist definitiv gerettet. Sie wird Unterkunft finden in einem Bau aus Stein, mit Wasser und Toiletten. In einem Bau, der auf lange Zeit angelegt ist und mehr Sicherheit bietet. Allem Anschein nach wird die Schule auf drei Stockwerken – Erdgeschoss und zwei Obergeschosse – über 100 Metern Länge neu gebaut. Der Raum wird ausreichen, um die Bedürfnisse der Schule zu decken. Die Schulleiterinnen sind von der Bauunternehmung angehört worden. Zu den Unklarheiten gehört die Grösse der Pausen- und Spielplätze.
Am 11. März fielen zudem drei Schulräume der Stara einem Brand zum Opfer; es handelt sich um die Baracken, welche den Kindergarten beherbergten. Alle Anzeichen deuten auf einen Brandanschlag hin. Das Feuer begann abends 21 Uhr bei einem Fenster, das nahe bei einem öffentlichen Durchgang ist. Vermutlich hat ein Täter eine Benzinbombe gezündet. Die Schulleitung hat Anzeige bei der Polizei erstattet. Dies ist wichtig, weil sie damit ein Bekenntnis zur Rechtsstaatlichkeit signalisiert. Es kommt nämlich oft vor, dass im Stadtteil Kibera vermeintliche oder tatsächliche Kriminelle durch die Selbstjustiz eines aufgebrachten Mobs umkommen. Das will Stara vermeiden. Zum Glück gab es keine Verletzten.
Innert wenigen Tagen wurden mit viel Improvisationskraft Räume für die Kindergartenklassen wieder hergestellt. Verbrannt sind allerdings auch Schulbänke, Wandtafeln und Unterrichtsmaterialien, die ersetzt werden müssen.
Bis der Neubau realisiert ist, kann die gesamte Schule am bisherigen Ort bleiben. Der Unterbruch des Unterrichts für den Umzug kann so auf eine Minimalzeit beschränkt werden, und es braucht keine Provisorien. Der Neubau soll bis Ende Juni fertig sein.
Natürlich entstehen vor allem durch den Umzug besondere Kosten. Wir bitten, Stara weiterhin kräftig zu unterstützen. Es geht nun um eine dauerhafte Zukunft.
Bild: Abbruch der Toilettenanlagen
Die Pläne für den Neubau (Bericht aus dem Jahr 2016)
Im Zusammenhang mit dem Ausbau der Eisenbahn durch Kenya Railways wurde Stara gezwungen, nach einer neuen Lösung zu suchen. Die Schule hat sich nicht vertreiben lassen, wie einmal vorgesehen war. Heute gibt es ein Neubauprojekt, das sich in die geplanten baulichen Strukturen der Eisenbahngesellschaft entlang den Gleisen einfügt und zugleich daraus herausragt. Das Neubauprojekt (siehe die Pläne unten, Stand April 2016) wurde erarbeitet von den beiden Architekturbüros Atelier Roger Cottier in Freiburg CH und Atelier Abonyo Becta Consultants in Nairobi Kenia. Architekt Abonyo hat auch die Gesamtplanung für die Eisenbahn im Quartier Ribera realisiert. Wir hoffen, dass dieses Projekt realisiert werden kann. Es würde weit über Nairobi hinaus ein Zeichen setzen. Man stelle sich vor: Das höchste Haus in den Slums von Kibera wäre weder ein Verwaltungsgebäude noch ein Geschäftsgebäude, sondern ein Haus der Bildung und der Kinder. Viele Bewohnerinnen und Bewohner in Slums anderswo könnten daraus Hoffnung schöpfen.
Der Zug fährt heute mitten durch die Slums, die Schienen dienen als Marktplatz und Gehweg.
Das Ausbauprojekt der Eisenbahn
Ein Gleis der Kenya-Railways führt mitten durch den Slum von Kibera und hart am Rand von Stara vorbei. Was uns als vergammelte Nebenlinie einer Eisenbahn erscheint, ist ein wichtiges Stück Verkehrsgeschichte in Afrika, auch wenn das Gleis nur einen Meter misst. Die Schmalspur-Strecke gehörte zur Ugandabahn, die von der Hafenstadt Mombasa über Nairobi bis an den Viktoriasee führte. Schwere Züge wurden mit den spektakulären Garret-Lokomotiven durch das kurvenreiche Gelände und die grosse Steigung gezogen. Kibera liegt am Teilstück Nairobi-Uganda.
Bild: Lokomotive der alten Uganda-Bahn im Eisenbahnmuseum von Nairobi, sogenannte Garratt-Lokomotive.
Heute plant der kenianische Staat die Wiederbelebung der ganzen Strecke, jedenfalls bis an die ugandische Grenze. Die Linie wird auf zwei Spuren ausgebaut. Damit soll die Transportkapazität erweitert werden, die Züge sollen beschleunigt werden, Personen- und Güterverkehr sollen profitieren. Ein chinesisches Unternehmen führt das Projekt durch und garantiert für Effizienz und vermutlich auch für einen gewissen bürokratischen Starrsinn.
In Kibera will das Eisenbahnunternehmen im Zusammenhang mit dem Streckenausbau den Zustand beseitigen, dass die Menschen das Trassee als ihren Fussweg benutzen und beidseits bis nahe an die Schienen ihre Läden betreiben. Das Vorgehen ist radikal. Links und rechts der bestehenden Trassee-Mittellinie soll ein Streifen von 30 Metern von Menschen und Siedlungen freigehalten werden. Um das zu sichern, werden am Rand dieses Streifens zwei fast endlose Reihen von Wohnhäusern erstellt, die zum Trassee hin über drei Stockwerte fensterlos sind, so dass sie eine Art Mauerwerk bilden und eine unzugängliche Schlucht für die Bahn entsteht. Bestehende Hütten werden mit dem Bagger und Planiermaschine dem Erdboden gleichgemacht. Die Menschen müssen sich ein neues Zuhause suchen. Theoretisch sollen sie in die neugebauten Wohneinheiten einziehen können, doch diese sind entweder zu teuer oder oft schon anderweitig vergeben.
Fortschreiten der Wohnmauer Richtung Slums
Bild links: Die von Kenya Railways erstellte doppelseitige Mauer, die das Gleistrassee freihalten soll – anklicken und vergrössern
Stara liegt innerhalb dieses 30-Meter-Streifens und muss abgerissen werden. Staat und Eisenbahngesellschaft haben immerhin beschlossen, Stara zusammen mit drei weiteren Schulen, die alle als gemeinnützig gelten, vom generellen Vorgehen auszunehmen und eine Überlebensmöglichkeit einzuräumen. Der Schule wird ein Landstreifen von zehn Metern offeriert mit einem Raumangebot im Innern der neu gebauten Wohnmauer. Das Land ist allerdings weniger breit und weniger lang als das bisherige Areal, und die Wohneinheiten sind nicht auf Schulklassen ausgelegt, und Raum für den Spielplatz ist im Moment nicht vorhanden. Wir sind derzeit in schwierigen Verhandlungen, um nun das Beste für Stara herauszuholen. Immerhin: Stara kann überleben.
Bild rechts: Serielle Wohneinheiten am Rand des Bahntrassees
Und Stara muss überleben. Es geht um 550 Waisenkinder direkt aus den Slums, die vermutlich diesen Hort der Sicherheit und Bildung nicht mehr erreichen könnten, wenn sie zuerst stundenweit marschieren müssten. Stara Schweiz ist daran, die gesamte Anlage neu zu zeichnen. In Verhandlungen mit den diversen Organen der Eisenbahnverwaltung werden wir versuchen, das Optimum für Stara herauszuholen. Angesichts der Fortschritte des Eisenbahnprojektes muss alles schnell gehen. Wir werden hier laufend über die Fortschritte dieser Arbeit berichten.
Bisheriges Pausen- und Spielareal der Kinder in Stara